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of
Life
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 „Geburtstag im Motorraum“

 Mai bis Juni 2000

Die Folgenden Leseproben sind bereits Auszüge aus meinem Buch, dem 1. Teil von „Unter dem Key of life“ mit dem Untertitel “Weltumsegelung, der 3. Versuch”

3. Kapitel „Völlig Pleite in die Freiheit“

Nur Probleme mit Motor – Geburtstag im Motorraum – Vor Nixons Villa  Unerwartete Hilfe – Wieder Wasser im Motor

  Ich rufe am Freitag sofort Claus an und obwohl er jetzt fast 14 Tage Zeit hatte ist der Motor nicht fertig, eigentlich hat er noch gar nicht angefangen, somit kostet uns jeder Tag warten wieder 42.- $! Von deutscher Arbeitsmoral kann bei Claus auch nicht mehr die Rede sein und man kann nichts dagegen machen und ich muß froh sein, daß er uns den Motor überhaupt macht, denn sonst gibt es niemanden der uns helfen könnte. Anscheinend hat sich nichts geändert und die „schwarze Wolke“ scheint noch immer über mir zu stehen. Die nächste Hiobsbotschaft ist, unser Gasofen ist auch noch nicht fertig, obwohl es auch von John, den sie den „Stovedoctor“ nennen, so wie von Claus versprochen wurde, ich kann nicht ausdrücken wie mir dieses verdammte Volk auf die Nerven geht und immer weniger verstehe ich Leute die freiwillig in dieses Land auswandern, es ist eigentlich schon Strafe genug wenn man in dem Micky Maus Land geboren wurde. Ich bin es sicher gewohnt das nichts richtig und rechtzeitig funktioniert, ich bin ja lange genug in Jugoslawien und Malta unterwegs gewesen, aber diese Länder glauben auch nicht, daß sie die Welt regieren müssen und sich so wichtig nehmen wie dieses Land und davon so überzeugt sind, daß sie glauben sie sind der „Mittelpunkt“ der Welt und alles dreht sich nur um das Micky Maus Land, ich würde sie an einen anderen Punkt einordnen.

Donnerstag 18.Mai 2000 Laut Kalender ist heute „Erich“ mein Namenstag, aber eigentlich gibt es nichts zum Feiern, denn bei Claus wieder nichts neues wegen Zylinder und unser Geld rinnt dahin. Da ich dieses Buch ja auch für Leute schreibe die sich interessieren wie viele Probleme auf einem zukommen und wie das Geld dahin schwindet, hier die Zwischenbilanz, wir haben nun die 20.000.- $ (268.000.- ATS) Grenze für unser Boot überschritten.

Wir fahren auch noch zu Sea Tow eine Art „ÖAMTC oder ARBÖ“ am Wasser und sind dort nun Mitglied geworden um bei eventuellen zukünftigen Problemen mit Motor gratis abgeschleppt zu werden. Die Gebühr kostet für ein Jahr 95.- $ macht sich aber bezahlt wenn man weiß, was es sonst kosten würde. Roy hatte mit seiner „Formosa“ kurz vor Ft. Lauderdale mit dem Motor Probleme und lies sich in die Marina zurückschleppen, die ca. 10 Sm haben ihm damals 1200.- $ gekostet weil er kein Mitglied war. Da ich nach unserem Problem vor Miami mit der Zylinderkopfdichtung weniger Probleme gehabt hätte, wenn ich schon Mitglied gewesen wäre ist diese Mitgliedschaft sicher keine schlechte Investition, auch wenn wir sehr wenig Geld haben und teilweise ist man auch in den Bahamas abgesichert.

Es ist fast nicht zu glauben, aber am Nachmittag des 23. Mai 2000 ist unser Zylinder und Zylinderkopf fertig, aber auch der Preis von 912 $ (14136.- ATS) macht mich etwas "fertig"! Wieder haben wir nun 12 Tage auf die Motorteile gewartet und dafür die Marina zahlen müssen, auch wieder 350.- $ für nichts! Ich fühle mich an diesem Tag nicht mehr nach Motor zusammen zu bauen aber Gabi reinigt bis 0100 Früh den Zylinderblock und ich die Köpfe, somit alles fertig für den Zusammen­bau.

Von "Jon of the mountain" von der "Academic freedom" habe ich mir einen brandneuen Craftsman Drehmoment­schlüssel für das anziehen der Zylinderköpfe ausgeliehen und ich beginne mit dem anziehen der Zylinderbolzen! Ich habe mit vielen Arten von Drehmomentschlüssel gearbeitet aber noch nicht mit diesem Craftsman Schlüssel, irgendwann sollte ein Klick kommen, aber es kam nichts und es waren 80 Pfund eingestellt! Da ich wie gerade vorher erwähnt mit meinem Bogen relativ gut schieße, habe ich an sich auch ein gutes Gefühl für die Kraft die man dazu braucht da mein Bogen auf 70 Pfund, knappe 35 kg eingestellt ist. Mir kam die Sache schon etwas komisch vor, den der erwartete „Klick“ kam und kam nicht und bei einem nagelneuen Drehmomentschlüssel den ich selber aus der Originalverpackung genommen hatte, dachte ich sicher auch an nichts böses und das der Schlüssel kaputt sein konnte, nur vergaß ich die „schwarze Wolke“ über mir. Beim vierten Anziehvorgang beim zweiten Bolzen machte es dann "KLICK" und der Zylinderbolzen war einen Millimeter über dem Zylinderblock abgebrochen!!! Ich muß zugeben, nun war ich am Boden zerstört und wirklich total "down" !! Mir fehlte eigentlich nur 20 kg TNT und ein „Brückenzünder“ und ich hätte unser Boot und wahrscheinlich inklusive mir, in die Luft gesprengt. Ich war den Tränen nahe und wirklich total verzweifelt und mit den Nerven total am Ende. Es war gut das Jon vorbei gekommen ist und sich die Sache betrachtete! Er kroch zu mir in den Motorraum und sein Kommentar: "Come on man, we get the damned bolt out"!

Donnerstag 25. Mai 2000, mein fünfzigster Geburtstag fängt relativ gut an, denn ich bekomme von Gabriela eine entspannende Massage und dann bei "Jerry Volvo Penta" die letzten zwei Sätze Kolbenringe allerdings mit einem Preis der mich fast umhaut, 162.-$ (ca. 2430.- ATS) die Ringe sind sicher innen pures Gold!! Nur zur Information, wie ich etwas später erfuhr, kosten die Kolbenringe für einen „Rolls Royce“ nur die Hälfte! Wie stolz ich bin einen Volvo Penta zu haben!

Am Mittwoch den 31.Mai haben wir wieder eine unserer unangenehmen Bankerfahrungen in diesem Land gemacht, nicht nur das fast keine Bank Schilling wechselt, was übrigens später mit dem Euro noch schlimmer wurde, verlangen sie hohe Gebühren und geben uns einen sehr schlechten Kurs, wir müssen für einen Dollar 15,90 ATS bezahlen! Eine absolute Frechheit wenn man bedenkt, daß wir in Österreich 13,40 Schilling für den Dollar bezahlt haben, nun ist dieses Land noch teurer für uns geworden.

Um 1030 setzen wir Segel und gehen in Richtung Süd zur Biscayne Bay. Trotz wenig Wind machen wir gute Fahrt und wieder sind wir begeistert wie unser "Stein" segelt, der Wind war höchstens zeitweise 3-4 Bft und wir machten einen Schnitt von 4,95 Knoten und sogar zeitweise um die 6,4 Kn, für unsere sicher nun fast 20 Tonnen eine super Sache. Hier sieht und spürt man den Riß von Colin Archer und merkt, daß sie ein Segelboot ist und unter Motor sicher nicht so gut laufen will! Es sieht fast so aus ob es sich nun doch zum Guten wendet, vor allem fange ich um 1230 bereits meinen ersten Fisch mit ca. 30 cm und um 1430 einen zweiten mit 47 cm zusammen mit einem Gewicht von 1,20 kg!! So viel und vor allem so einen großen Fisch habe ich in den letzten 15 Jahren nicht in der Adria gefangen.

Wieder werden wir von den Gewittern verschont, obwohl es über dem Festland regnet und blitzt. Wir grillen uns Kotelett und dabei schwimmen über eine Stunde lang ein paar Delphine ums Boot herum die ebenfalls ihr Nachtmahl haben. Hinter uns bei der großen Nixon Villa landet ein Privathubschrauber und es scheint eine größere Party im Gange zu sein aber weder Gabi noch ich beneiden sie darum, wir sind glücklich und im Augenblick zwar ohne Geld aber besser dran als manche andere die um sechs Uhr früh in die Arbeit fahren müssen. Nun verstehe ich auch meinen Freund Stefan etwas besser, der mir mal sagte:

„Erich was glaubst Du eigentlich, Du raunzt und schreibst an diese Leute die jeden Tag in der Früh mit der Straßenbahn zur Arbeit fahren müssen, daß es dir dreckig geht, aber du liegst mit deinem Boot unter Palmen in Buchten von denen die nur träumen können, und für das hassen sie dich, weil sie es nie geschafft haben so weit zu kommen!“

Wir wissen noch nicht wie es weitergeht, aber bis Ende Juni müßten wir spätestens am Weg zurück nach Europa sein oder wir bleiben hier. Aber so gesehen haben wir leider keine Chance mehr, daß Land zu verlassen, unsere beiden "Autopiloten" für die Pinne funktionieren zwar, aber schaffen es im Seegang nicht, unter Segel das Boot auf Kurs zu halten, nur in der Bucht unter Motor sind sie tauglich, aber sicher nicht den Törn über den Atlantik. Zu zweit und ohne eine dritte „Hand“[i] ist es eher eine sehr anstrengende und sportliche Angelegenheit, und ich habe nicht vor etwaige Rekorde zu machen. Wir haben uns natürlich auch bereits um eine "Windsteuer Anlage" umgesehen, die "günstigste" gebrauchte bei "Sailorman" war uns um 1400.-US$ (ca.22000.- ATS) etwas zu "günstig", also müssen wir warten bis wir etwas finden, daß für unsere Brieftasche paßt. 

Am Montag den 5.Juni aktivieren wir unser Dingi und zum ersten Mal den Außenborder der auch bei dritten Versuch anspringt. Wir wollen mit unseren Dingi an Land gehen um einzukaufen und unseren "Mist" loszuwerden, den wir bereits eine Woche gesammelt haben, da ich Leute hasse, die ihren Mist über Bord werfen. Nur hier an Land zu gehen ist gar nicht so einfach, alles Privatbesitz und in der Marina läßt man uns mit dem Dingi nicht landen, auch nicht für eine Stunde nur zum Einkaufen! Wir finden dann ein unbebautes Grundstück wo kein Zaun ist und klettern an Land um nach einem Mistkübel und einem Supermarkt zu suchen. Das erste was wir sehen ist ein Schild worauf geschrieben stand:

"1000.-$ fine for dumping" Village Key Biscayne!

Als ich im Internetcafe mein Konto checke, haut es mich fast vom Stuhl, ich sehe zwei Eingänge mit denen ich in meinen kühnsten Träumen nicht gerechnet hätte. Jürgen Billek, ein Clubmitglied und ehemaliges Crewmitglied der auf  „Manuda“ mit der von mir scherzhaft, aber nicht spöttisch, als „Halleluja Crew“ bezeichnet wurde unterwegs war, weil sie alle sehr gottesgläubig waren und eine sehr seltene, aber sicher nicht unangenehme Erfahrung in mein langes Dasein als Skipper brachten, obwohl ich eher ein Atheist bin. Jürgen hat mir 5000.- ATS (318.-$) überwiesen um vielleicht mal irgendwann einen Törn mit uns zu machen, uns aber jetzt helfen wollte! Noch eine größere Überraschung war der Eingang von 20.000.-ATS (1254.- US$) von Segelfreunden aus der Adria die ebenfalls Clubmitglieder wurden um uns zu helfen, obwohl sie die „Pinta II“ ihre eigene Segelyacht besitzen. Willi und Manuela Frühwald kannte ich schon lange aus dem alten Jugoslawien, wir lagen manchmal in der Marina nebeneinander oder saßen zufällig beim Essen in einem Restaurant zusammen oder trafen uns in einer Bucht, aber es waren eigentlich nur Segelfreunde, nicht Jugendfreunde mit denen man aufgewachsen ist oder lange Zeit zusammen war. Aber nun halfen uns diese Beiden mit einem nicht gerade geringen Betrag damit wir über die Runden kommen, um die Worte von Ihnen zu nehmen: „Wir können die Key of life doch nicht verhungern lassen!“

Nur wegen der Statistik, in Florida ist Chance von einem Blitz getroffen zu werden zweimal höher als ein Lottotreffer! An der Westküste von Florida in Tampa haben sie mal im Umkreis von 50 km in einer Stunde 1600 Blitze registriert! Ich hatte nie sonderliche Angst davor einen Blitzschlag zu bekommen, vor allem da auch unser Stahlbetonboot wie ein Faradayischer Käfig“ wirkt und keine ernste Gefahr droht, allerdings will ich trotzdem keinen in unseren Mast haben. Von dem mal abgesehen, daß die gesamte Elektrik und Elektronik an Bord dabei kaputt gehen würde, hätte man wahrscheinlich ein paar Tage Hörprobleme und es könnten einem vielleicht auch die Haare etwas wegstehen, ich will es eigentlich gar nicht so genau testen. Man hört normalerweise immer nur ein paar Geschichten über Blitzschläge aber hat zum Glück meistens selber noch keine Erfahrung damit gemacht, aber in der letzen Saison in Kroatien sah ich mal wirklich Boote aus meiner näheren Umgebung die einen Blitzschlag hatten.

Um 0915 als ich den Motor starten will, stellt es mir die „Gänsehaut“ auf, das Geräusch ist unverkennbar, ich habe einen „Wasserschlag“. Irgendwie muß Wasser in den Zylinder gekommen sein, und da sich Flüssigkeit nicht wie Luft komprimieren läßt steckt der Kolben fest. Ich kann es nicht fassen, eigentlich glaubte ich nun doch etwas Ruhe von der Maschine zu haben, aber anscheinend will mir die „schwarze Wolke“ über uns keine Pause lassen. Ich gehe sofort in den Motorraum und öffne die beiden Dekompressionshebel und drehe den Motor mit der Handstartvorrichtung durch. Aus dem Luftfilter spritzt dabei das Wasser raus und nun ist es sicher, daß die Maschine irgendwo Wasser gezogen hat, entweder über den Auspuff der ja mit dem Wärmetauscher mit Seewasser gekühlt wird, oder über eine kaputte Zylinderkopfdichtung, die aber beide neu sind und eigentlich nicht kaputt sein dürften, weil ich sicher den Motor nicht zu heiß gefahren habe.

Abends kommen John und Scotty mit einer Flasche Rum vorbei und beim Plaudern kommen wir auch auf die giftigen Spinnen und Frösche in Florida zum reden und dabei bekommen wir wieder Bestätigt, was wir in der Zwischenzeit schon herausgefunden haben, nämlich, daß Gabis Entzündung am Ellenbogen, die sie schon seit drei Monaten hat, zu 90% ein Spinnenbiß war, wahrscheinlich eine "Brown recluse spider" (loxusceles reclusa) Braune einsame Spinne zu Deutsch, ca. 10 mm groß und orange - gelben Körper mit hinterer schwarzer violinförmiger Zeichnung. Nun sind wir sind fast sicher das es diese war, denn Roy hatte einen und Carol Anne hatte zwei Bisse der selben Art und nun bestätigte es auch noch John! Die Heilung dauerte bis acht Monate da das Gift die Haut zerstört! Wir sind fast sicher, daß Gabriela in der Garage von Carol Anne gebissen wurde als wir unsere Sachen ausräumten.

Um 1700 beginnt das übliche Gewitter und ich habe das Sonnensegel noch oben und ich Idiot sage noch zu Gabriela, jetzt kann ich gleich testen was unsere Plane aushält. Anscheinend habe ich doch noch nicht genug Erfahrung, vor allem nicht mit den tropischen Gewittern hier in der Karibik. Bei den starken Böen bietet das Sonnensegel solch eine Angriffsfläche sicher über 20 m2 und der Anker fängt mit 30 Meter Kette auf 2,5 m Tiefe zu slippen an! Ich stecke zwar sofort Kette nach und bei 50 m hält der Anker wieder und ich habe ganz schön zu kämpfen um bei Sicht Null und Böen um 7 - 8 Bft das Sonnensegel zu bergen! War mir eine Lehre, nächstes Gewitter werde ich sicher nicht abwarten sondern Sonnensegel vorher abmontieren.

[i] HAND: Ein Mitglied der Crew, gegen Entgeld als „bezahlte Hand“ bezeichnet. Auf Langfahrten oft gesucht unter: „Hand gegen Koje“, unbezahlt aber dafür mithelfend als Crew. Da nur als eine „Hand“ bezeichnet, weil am Boot das „Sprichwort“ gilt: „Eine Hand für das Schiff, eine für den Mann“, was bedeutet, daß man sicher immer festhalten sollte.


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